Lichen sclerosus und Lichen planus sind chronische, rezidivierende, in Schüben verlaufende, durch Lymphozyten vermittelte Hauterkrankungen, die Männer und Frauen (1:3) aller Altersgruppen betreffen und die bei adäquater, frühzeitiger Behandlung in eine lang andauernde Remission gehen.
Einleitung
Bei Lichen sclerosus und Lichen planus handelt es sich um oft unterschätzte Erkrankungen mit zahlreichen Komorbiditäten, einer hohen Dunkelziffer und unbekannter Prävalenz sowie einem bis zu 5%igen Risiko einer malignen Entartung. Patienten mit Lichen sclerosus und Lichen planus leiden vermehrt an systemischen Autoimmunerkrankungen. Diese Komorbiditäten werden aber häufig übersehen bzw. ihre Auswirkungen auf Lebensqualität und Sexualleben vernachlässigt.
Ätiologie
Die Ursachen der Lichenerkrankungen sind nicht genau bekannt, es gibt aber hormonelle Risikofaktoren, außerdem können Traumata und Infektionen Auslöser sein. Generell werden Lichen sclerosus und planus als lokal reaktive Immundysregulationen verstanden. Bei beiden Erkrankungen sind die Anzahl der Lymphozyten im Gewebe und die Zytokinsekretion für die Gewebszerstörung und die klinischen Manifestationen verantwortlich.
Komorbiditäten
Viele betroffene Patienten weisen eine erhöhte Assoziation sowohl mit systemischen Autoimmunerkrankungen als auch Autoimmunerkrankungen mit organund krankheitsspezifischen Autoantikörpern auf. Am häufigsten kommen Hashimoto- Thyreoiditis und perniziöse Anämie vor, aber auch Alopecia areata, Lupus erythematodes und andere Autoimmunerkrankungen ohne systemisch nachweisbare antinukleäre Antikörper wie Psoriasis und Neurodermitis. Zu den autoimmunen Merkmalen der Lichendermatosen zählen:
• autoimmuner Phänotyp mit erhöhtem Th1-spezifischem Zytokinlevel
• dichtes T-Zellinfiltrat
• erhöhte BIC/miR-155-Expression
• Autoantikörper gegen das extrazelluläre Matrix-Protein 1 und BP-180-Antigen
• pathogenetische Relevanz: oxidative DNA-Schäden und TP53-Mutationen
Je nach immunologischem Status des Patienten besteht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Penis- bzw. Vulvakarzinoms.
Klinische Merkmale
Der Lichen sclerosus manifestiert sich hauptsächlich in der anogenitalen Region, bei Männern ist fast ausschließlich der Penis betroffen. Die Diagnose erfolgt oft erst im fortgeschrittenen Stadium nach einer Zirkumzision. Patienten suchen dann wegen fortgeschrittener narbiger Phimose, abgeschwächtem Harnstrahl und/oder Meatusstenose und den damit verbundenen Lebensqualitätseinschränkungen den Arzt auf. Klinische Merkmale sind die Bildung von weißen, glatten, sklerosierten Plaques im Bereich der Glans penis mit unregelmäßiger Pigmentierung, Verlust der Elastizität der Vorhaut und einer Phimose. Beim Lichen planus handelt es sich um eine Systemerkrankung mit Manifestationen an der behaarten Haut, Nägeln und Schleimhäuten. Die anogenitale Beteiligung liegt bei etwa 25%. Im Gegensatz zum Lichen sclerosus breitet sich der Lichen planus auch auf die distale Urethra aus. Chronische Regeneration und Wundheilung führen zu Verklebungen, narbigen Veränderungen und Stenosen.
Symptomatik und Diagnose
Häufig auftretende Symptome und Komplikationen von Lichen sclerosus und Lichen planus sind:
• lokale Entzündung und Superinfektion (durch Bakterien oder Pilze)
• Meatusstenose, Urethrastriktur (proximal/ distal) mit Restharnbildung und Miktionsstörung
• lokale Schmerzen/Wundgefühl, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
• psychische und sexuelle Funktionsstörungen (Dyspareunie, Erektionsstörungen)
Das klinische Bild ist oft für die Diagnose ausreichend, für den erfahrenen Facharzt ist eine histologische Analyse nicht zwingend erforderlich. Für den histopathologischen Nachweis wird eine 4–5mm große Stanzbiopsie von Glans/ Präputium, Penis bzw. Vulva/Vagina unter Lokalanästhesie entnommen.
Therapiekonzepte
Die Behandlung erfolgt durch den topischen Einsatz von Glukokortikoiden der Klasse III und IV. Die dauerhaften Kortisonbehandlungen in Kombination mit rückfettenden Salben müssen individuell angepasst werden. Alternativ können auch immunmodulatorische Therapien mit topischen Calcineurinantagonisten angewandt werden. Als invasive Therapieoptionen stehen Meatotomie, Urethrotomie, und Zirkumzision zur Wahl.