Uro-/gynäkologische Beschwerden können je nach Schwergrad und Lokalisation Auswirkungen auf die Sexualität haben. Rezidivierende Urogenitalinfektionen können zu Verlust der sexuellen Appetenz und Dyspareunie führen, die den vulvovaginalen Komplex in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigen und damit eine genitale Dysfunktion hervorrufen. Bei allen chronischen infektiösen Erkrankungen wie rezidivierender Urethritis, Zystitis oder Vulvovaginitis wird eine Vielzahl von Medikamenten und Therapiemaßnahmen zum Einsatz gebracht, die ihrerseits wieder auf die sexuelle Funktionsfähigkeit einen negativen Einfluss nehmen können.
Wichtigste Merkmale der Sexualstörungen von Frauen
Man sollte Störungen des sexuellen Interesses wie Lust an der Sexualität von den Störungen der sexuellen Funktion wie Erregungs-, Orgasmusstörung oder Vulvodynie unterscheiden. In der häufigsten Form der sexuellen Lustlosigkeit hat die Frau kein aktives Interese an der Sexualität, obwohl sexuelle Kontakte durchaus angenehm erlebt werden können. Durch chronische körperliche Beschwerden lässt mit der Zeit auch die Erregungsfähigkeit nach und das Erleben eines Orgasmus wird immer seltener.
Der Wunsch nach Zärtlichkeit und Intimität ist nach wie vor vorhanden, jedoch werden diese Wünsche meist nicht mehr befriedigt, da die körperliche Nähe und Geschlechtsverkehr wegen Schmerzen vermieden werden.
Sexuell bedingte Schmerzen:
Die wichtigsten sexuellen Dysfunktionen bei chronisch entzündlichen Urogenitalinfektionen betreffen das sexuelle Schmerzsyndrom. Sexuell bedingte Schmerzen bedeuten eine extreme Belastung des Sexuallebens, da Schmerzen das Erleben von Lust und Erregung stark einschränken oder ganz unmöglich machen. Die Schmerzsyndrome reichen von Dyspareunie bis hin zum Vulvodynie und Vaginismus, bei dem Penetration aufgrund einer starken Anspannung und Verkrampfung der Scheidenmuskulatur nicht möglich ist.
Die sexuellen Dysfunktionen der Frau neigen zur Ausweitung und zur Generalisierung – mit dem Libidoverlust oder auch den Schmerzstörungen als Endstrecke der Entwicklung.
Diagnostik und Therapiemöglichkeiten
Es bestehen pharmakotherapeutische und sexualtherapeutische bzw. psychotherapeutische Behandlungsoptionen.
Ausführliche uro-/gynäkologische Untersuchungen und Behandlungen der chronisch infektiösen Erkrankungen bei den Frauen sollten individuell durchgeführt werden. Der erste Schritt besteht darin, dass die Patientinnen selbst die Probleme in ihrer Sexualität erkennen, daran schließt das Gespräch mit dem Partner und mit dem Arzt. Grundsätzlich kann man hormonelle und nicht-hormonelle Behandlungsoptionen unterscheiden. Im Hinblick auf die sexuellen Dysfunktionen der Frau sind bislang keine therapeutischen Substanzen zugelassen.
Hormonelle Methoden
Östrogen ist nicht nur für die sexuellen Funktionen von Bedeutung, sondern auch für urogenitale Stabilität bei rezidivierenden infektionen.
Hier können lokale Östrogenpräparate, die es als Cremes oder Vaginaltabletten bzw. -zäpfchen gibt, wirksame Hilfe leisten.
Psychologische Behandlungsmöglichkeiten
Diesbezüglich stehen wirksame Beratungs- und Behandlungsansätze zur Verfügung, die überwiegend durch psychische und/oder partnerschaftliche Faktoren bedingt sind. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass auch diejenigen Frauen profitieren können, deren Sexualprobleme durch somatische Faktoren verursacht sind.
Sexualtherapie/Paartherapie
Die Anleitung zu konkreten Erfahrungen – z. B. Übungen – fokussiert darauf, negative Verhaltensmuster zu verändern, und dienen nach genauer Analyse der durchlebten negativen Erfahrungen der weiteren Planung in den Therapiesitzungen.
Erfolgversprechend ist die Paartherapie, weil der Partner in die Behandlung einbezogen wird und ein wesentliches Ziel in der Verbesserung der emotionalen Nähe zwischen den Partnern liegt. Außerdem geht es oft um entscheidende Dinge wie die Verbesserung der gegenseitigen Stimulation und der erotischen Atmosphäre, Korrektur von Lerndefiziten und unrealistischen Erwartungen sowie den Abbau von selbstzerstörerischen Faktoren wie Leistungsdruck und Versagensangst.
FAZIT
Die Erfahrung zeigt, dass bei Frauen mit chronisch infektiösen Urogenitalerkrankungen eine zusätzlich bestehende sexuelle Dysfunktion in ca. 40 % durch einige Beratungsgespräche gebessert werden können. Daraus lässt sich auch die Indikation für eine Sexualtherapie bzw. Psychotherapie ableiten. Eine Sexualberatung lässt sich sehr effektiv mit einer medikamentösen Behandlung kombinieren und kann deren Effektivität verbessern.